Prolog
England gegen Deutschland, das verspricht Spiel, Spaß und Spannung. Historisch gesehen meistens ein Kracher. Es ist kurz vor 18 Uhr. Mit schnellem Schritt haste ich zu meinem Kumpel. Wir wollen heute mal ausnahmsweise bei Ihm Fußball schauen, sonst schauten wir bisher jedes deutsches Spiel bei mir.
Erster Akt: Vorberichtserstattung
So wie ich zu Ihm haste, so sehr versucht der schon aufbrausende Wind unbedingt schnell zu einem Sturm zu werden. Es ist ein Wettlauf, entweder ich gewinne und komme vor dem drohenden Sturm bei ihm an oder eben nicht. Das Wetter gewinnt. Einige Meter vor der Eingangstür merke ich nun mit welcher Kraft der Sturm mir entgegenpeitscht. Mein hastiges Gehen wird zum übereilten Rennen, denn der Sturm reibt mir den Sand in die Augen, welcher von einer in der Nähe befindliche Baustelle aufgewirbelt wird. Endlich am Hauseingang angekommen, bin ich nun vor der „drohenden“ Gefahr in Sicherheit
Dass dieses eben Geschehene für mich das aufregende Ereignisses dieses Fußballabends sein wird, konnte ich bis dato noch nicht erahnen.
Im Wohnzimmer meines Kumpels angekommen, im Hintergrund ist bereits die Vorberichterstattung eingestellt, wird alles für ein spannendes Spiel, so hofften wir es, gerüstet. Wasser und Wein finden auf dem Couch- und Beistelltisch ihren Platz.
Es wird sich munter über das Wochenende ausgetauscht. Auch wird über das unglaubliche Weiterkommen der Schweizer Mannschaft gegen Frankreich geschwärmt. Mein Kumpel ist sichtlich begeistert und schon fast Fan der Schweizer geworden. Nun kam endlich der Anpfiff des Spiels.
Zweiter Akt: Erste Halbzeit und Halbzeitpause
Gegen Ende der ersten Halbzeit kann ich mich schemenhaft nur an eine Chance der Deutschen und die zwei großen Chancen für England erinnern. Und das ich schon beim zweiten Glas Wein gelandet war. Immerhin hatten wir eine interessante Diskussion über das derzeitige Wetter, denn zu dem tobend Sturm gesellte sich nun auch der Regen. Das Spektakel draußen zu sehen, war spannend, zumindest spannender als die erste Halbzeit des Spiels zu verfolgen.
Ah ja, ich machte mir noch Gedanken, ob ich nach dem Spiel wohl trocken wieder heimkommen werde? Das war tatsächlich zu jener Zeit für mich die wichtigere Frage als das Ergebnis des Spiels.
Apropos Ergebnis, es gab noch eine Diskussion, ob das Spiel im Elfmeterschießen endet oder nicht. Ich war von der Idee nicht begeistert, wollte ich doch nicht allzu spät wieder zurück sein.
Dritter Akt: Zweite Halbzeit
Zweite Halbzeit: nichts wirklich änderte sich an der Dramaturgie des Spiels. Mittlerweile durchziehen das Wohnzimmer flapsige und teils ironische Sprüche über das fußballerische Können der deutschen Kicker. Zudem wurde sich sehnsüchtig nach dem berauschenden Spiel der Schweizer erinnert. Draußen regnet es immer noch aber der Sturm ist nun am Abschwächen, als ob das Wetter auch jede Hoffnung auf ein aufregendes Spiel aufgeben hatte. Man könnte fast meinen, das Wetter lässt nun nur noch Tränen aus den Wolken fließen, ganz dem Spiel angepasst.
Immerhin erinnere ich mich noch über einen bedeutenden Meinungsaustaucht, wer wohl gerade wieviel Wein verkraftet. Mein Kumpel ist schon nach dem 1 Glas etwas erheitert. Ich beim zweiten Glas angekommen merke den Wein auch langsam. Immerhin hilft das etwas, über jenes mäßige Spiel hinweg zu kommen.
Irgendwann sagte ich zu mein Kumpel: „Wenn England ein Tor schießt, dann kann es durchaus noch ein spannendes Spiel für uns werden (dabei meine ich, dass ja nun endlich die Deutschen mehr investieren müssten, dachte ich zumindest)“. Als ob die Engländer meinem Kommentar folgten, fällt das Tor für England.
Mein Kumpel gibt mir die Schuld: „Du hast es dir ja geschöpft, hättest Du es nicht mal für Deutschland machen können?“. Ich schmunzle und die Hoffnung steigt in mir, dass es nun spannender wird.
Einige Minuten später sag ich: „Ich denke, wenn die Deutschen den Ausgleich schießen, dann werden Sie es auch schaffen. Ich würde mich mittlerweile sogar freuen, die Verlängerung zu sehen“.
Hier wollte sich meine Vorahnung nicht bestätigen, denn nach kurzer Zeit ist Müller durch die Abwehr gebrochen und verzieht nur knapp.
„Das war’s“ sage ich. Mein Kumpel stimmt mir zu indem er mir entmutigt beipflichtet.
Ich schenke neuen Wein nach. Immerhin wurden wir von dem Geschmack des Weines nicht negativ überrascht.
Das Spiel plätschert so hin, das Wetter scheint nun genauso wenig Power und Dynamik in dem Sturm zu investieren, wie die deutsche Mannschaft in das Spiel. Der Sturm hat sich nun komplett aufgelöst, genau wie scheinbar die Zuversicht der deutschen Kicker und der Zuschauer.
Nach einiger Zeit, fasst schon flehend sage ich: „Och komm England, mach das 2 zu 0, dann hat das Elend ein Ende“. Ich weiß nicht ob der Fußballgott mich erhöht hat oder Mitleid mit mir hat oder ob er einfach nur auf der Seite der Engländer ist. Denn auch wieder kurz danach, fällt das 2 zu 0.
Nun ist für uns klar, das war’s. Immerhin kann ich mich darüber freuen, dass ich wohl doch trocken nach Hause kommen werde, denn der Regen hat nun komplett aufgehört.
Vierter Akt: Spielende
Am Ende des Spiels bekomme ich noch den ein oder anderen Seitenhieb von meinem Kumpel: Warum ich denn so was schöpfe, dass Deutschland verliert. Es war nicht mal anklagend oder vorwurfsvoll gemeint, da auch er eingesehen hat, das Deutschland einfach zu schwach war. Ich entgegne Ihm, dass ich es wohl eher aus der Datenbank ausgelesen und nicht geschöpft habe.
Was bleibt nach dem Spiel:
- Zögerliche und nicht nachvollziehbare Trainer Entscheidungen
- Karriere Ende vom Bundestrainer
- Ein Fanlagerwechsel von Deutschland zu Schweiz, die haben wenigsten Herz und Kampfgeist
- Eine halbe Flasche Wein
Übrigens eine halbe Flasche. Nein, nein, ich will jetzt nicht mit dem Spruch aufwarten: Deutschland hat gespielt wie eine Falsche leer, zudem die Weinflasche noch halb voll oder halb leer war. Hier kann man sich nun entscheiden: Betrauert der Fan das Ausscheiden der deutschen Mannschaft oder sieht er hoffnungsvoll in die Zukunft, denn es kann ja eigentlich nur besser werden? Wie gesagt, je nachdem ob die Flasche halbleer oder halbvoll ist.
Fünfter Akt: Spielauswertung und Spielbericht
Ich gehe nun trockenem Fuße nach Hause. Später philosophiere ich noch mit anderen, ob ich das Ergebnis wirklich mitgeschöpft oder ich nur die Tore aus der Datenbank gelesen habe. Eine interessante Diskussion darüber entbrannte, in der wir uns beide einig waren, dass ich es ausgelesen habe. Interessanterweise hatte mein Gesprächspartner darauf getippt, dass Dänemark Europameister werden wird. Ich bin gespannt ob das auch so eintreffen wird.
Nachts, als ich nicht schlafen konnte, dachte ich über den Fußballabend nach. Dabei ist mir die Erinnerung gekommen, dass ja eine Ära, die des Bundestrainers, zu Ende gegangen ist. Auch hat England das erste Mal seit über ein halbes Jahrhundert gegen Deutschland in einem Turnier gewonnen. Ich dachte darüber nach, dass so wie bei der (National) Mannschaft eine neue Zeit anbricht, auch für uns Menschen eine neue Zeit anbrechen wird.
Mir kommt die Idee, einen Text darüber zu schreiben. Mein Spaß daran ist, dass ich den Text so dermaßen mit rhetorischen Mitteln und unsinnigen Vergleichen ausschmücken möchte, dass es mir eine wahre Freude ist, dieses Gedankengut auf Papier zu bringen. Ich möchte so mit den Worten und Phrasen spielen, wie es die besten filigranen Techniker auf dem Felde mit dem Fußball machen.
Epilog: Gedanken des Tages
Am nächstem Tag höre ich noch ein gutes Statement: Der Fußball spiegelt das aktuelle Zeitgeschehen und die Gesellschaft wieder.
Bezogen auf Deutschland und das Ende der Ära Löw bedeutet das für mich im übertragendem Sinn bezogen auf die aktuelle Zeit: Die alten Spiele funktionieren nicht mehr. Sowie der Trainer seinen Platz räumen wird, so werden die alten Spiele geräumt und durch hoffentlich viel schönere und bessere ausgewechselt werden…