Ein kleiner Moment, um bei sich an zu kommen
Ein kleiner Moment, um bei sich an zu kommen

Ein kleiner Moment, um bei sich an zu kommen

Es ist halb acht in der früh. Ich schaue aus dem Fenster. Draußen ist es weiß und noch etwas dunkel. In der Nacht ist viel Schnee gefallen. Ich mag den Winter, ich mag Schnee. Also raus, ab in die weiße Pracht.

Gesagt, getan. Ich ziehe mir warme Sachen an, will ja draußen nicht frieren, obwohl ich die Winterkälte eigentlich auch mag. Schuhe an und los geht der Spaziergang.

Die ersten Meter zum Naturschutzgebiet laufe ich immer etwas schneller. Ich will schnell aus der Stadt raus, um dann meinen Spaziergang im Grünen bzw. heute im Weißen zu genießen. Es scheint doch nicht so kalt, wie ich dachte. Der Schnee beginnt schon zu schmelzen wie ein leckeres Eis bei Raumtemperatur, nur mit viel Matsch. Matsch überall, dazu dringen noch die lauten Geräusche des morgendlichen Berufsverkehrs an mein Ohr.
So richtige Entspannung und Freude am Schnee will nicht aufkommen.

Aber gut, endlich angekommen am Naturschutzgebiet, alles weiß. Die Wärme ist hier wohl noch nicht so weit vorgedrungen. Ein toller Anblick. Aber so richtig will ich mich noch nicht darauf einlassen. Ich bin in Gedanken versunken. Ich denke an Vergangenes und Zukünftiges. So richtig kann ich den Spaziergang nicht genießen. Immerhin entscheide ich mich noch, ein kleine Runde im Wald zu drehen. Auch hier und da Matsch. Ich kämpfe mich zu einem Weg durch, der einigermaßen gut befestigt ist.

Inspiriert von dem Interview mit Daniel und sein Buch schießt mir ein Gedanke durch den Kopf: Halte inne, nimm bewusst wahr.

Ich bleibe an Ort und Stelle stehen. Schaue nach oben und sehe die vom Schnee bedeckten mir überragenden, hohen Bäume. Ich nehme meinen Körper wahr und die ganze Umgebung gleich mit. Ich höre das Vogelzwitschern, rieche den Wald und sehe diesen tollen Anblick der vielen Bäume. Meine Aufmerksamkeit dringt tiefer in den Wald hinein. Und dann bekomme ich eine Ahnung, wie laut es hier sein kann. Ich erahne, dass die Bäume viel untereinander quatschen und kommunizieren. Alles lebendig und das merke ich mit jeder Zelle meines Körpers. Eine tiefe Entspannung macht sich breit. Es beginnt in mir zu krippeln. Es ist so, als ob ich in einem Moment zum anderen von 100 auf 0 abgebremst wurde. Raus aus den Gedanken, aus der Außenwelt und aus der gehetzten Zeit. Ich komme bei mir an, bin in der Ruhe und in meiner Zeit. Herrlich. Ich bedanke mich bei mir und dem Wald für diese schöne Wahrnehmung.

Entschleunigt, bei mir angekommen und freudig setze ich den Spaziergang fort. Alles fühlt sich nun anders an. Der Tag kann nun kommen.

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